Kaufhof Cannstatt muss bleiben - DIE LINKE kämpft gegen die Schließungspläne

Ursel Beck

Der Kaufhof in Bad Cannstatt ist eine der 56 Filialen, die geschlossen werden sollen. Das ist ein schwerer Schlag für die Beschäftigten und die Bevölkerung im Stadtteil.

Am 4.7.2020 organisierte der OV Bad Cannstatt – Mühlhausen – Münster mit willkommener Unterstützung des Kreisverbands und der Linksjugend Stuttgart eine Kundgebung vor dem Kaufhof in der Cannstatter Marktstraße. Wir verteilten in 1 ½ Stunden 300 Flugblätter und hielten mehrere Reden.

Unsere OV-Sprecherin Ursel Beck erklärte, dass mit der Schließung des Kaufhofes in Bad Cannstatt 40 Kolleginnen und Kollegen in die Arbeitslosigkeit geschickt werden und die Grundversorgung für die Bevölkerung im Stadtteil genommen werden. Dies würde dazu führen, dass die Cannstatter Innenstadt aussterbe. Es zeige sich nicht nur am Beispiel Kaufhof, dass der kapitalistische Markt weder Arbeitsplätze noch eine wohnortnahe Versorgung sichern könne. Es könne nicht sein, dass der Milliardär und Kaufhofeigentümer Rene‘ Benko die Häuser und Grundstücke auf Kosten der Beschäftigten und der Konsumenten profitabel verwerte. Rene* Benke müsse enteignet werden statt die Beschäftigten.

Bernd Riexinger, Bundesvorsitzender der LINKEN, Bundestagsabgeordneter in unserem Wahlkreis und ehemaliger nahm zeitweise an der Protestkundgebung teil und half beim Verteilen unser Flugblätter mit und hielt auch eine Rede, in der er u.a. die Profitmacherei im Einzelhandel und insbesondere das Vorgehen von Benko kritisierte und die Kommunalpolitik zur Einmischung aufforderte.

Eine Genossin ist mit den Flyern in den Kaufhof gegangen und hat die Flyer an die Beschäftigten verteilt und wo möglich mit ihnen gesprochen. Dabei zeigte sich eine resignative Stimmung. Da die Schließung des Kaufhofes in Bad Cannstatt Teil der Vereinbarung zwischen Gesamtbetriebsrat und ver.di auf der einen Seite und den Kaufhofmanagern auf der anderen Seite ist, sehen die Kolleginnen und Kollegen offensichtlich keine Perspektive mehr für die Rettung ihrer Arbeitsplätze.

Die Passanten äußerten von sich aus, dass die Schließung der Kaufhof-Filiale für die Cannstatter Innenstadt ein schwerer Schlag wäre und fragten nach einer Unterschriftenliste dagegen.

Eine Woche später – am 11.7.2020 - rief ver.di zu einer Kundgebung vor dem Kaufhof in Bad Cannstatt auf, an der 200 Menschen, darunter auch Beschäftigte und ehemalige Beschäftigte teilnahmen.

Die Linke Bad Cannstatt baute bereits 1 ½ Stunden vorher einen Infostand vor dem Kaufhof auf, verteilte ihren Flyer gegen die Kaufhof-Schließung und lud die Passanten zur Kundgebung um 11.55 ein. Einige waren froh, dass sie was tun konnten gegen die Schließung und kamen nach ihren Einkäufen zur Kundgebung. Viele unterschrieben auf der Unterschriftenliste gegen die Schließung.

 

Ein Passant sagte, er habe es ja nicht so mit der Linken. „Aber dass Ihr die einzige Partei seid, die hier steht und gegen die Schließung des Kaufhofs protestiert, sagt ja schon was.“

An der Kundgebung nahm ein Kollege teil, der im Februar bei Kaufhof mit einer Abfindung ausgeschieden ist und inzwischen 300 km weg auf dem Land in Hessen wohnt. Er sei einer der wenigen, die überhaupt noch eine Abfindung bekommen hätten. Diejenigen die später ihren Job verloren, bekommen gar nichts mehr, weil das Geld in der Insolvenzmasse verschwinde. Aus Stuttgart sei er weggezogen, weil er arbeitslos geworden sei und auf dem Land die Luft besser und die Mieten günstiger seien. Aber er wollte es sich nicht nehmen lassen, gegen die Schließung der Filiale zu protestieren, in der er Jahrzehnte gearbeitet hat. Eine Kollegin, die noch beim Kaufhof arbeitet, sagte uns gegenüber sie sei völlig durch den Wind und könne nachts nicht mehr schlafen.

Cuno Hägele, Geschäftsführer von ver.di Stuttgart, erklärte auf der Kundgebung: „Aus dem Funken der Hoffnung muss ein Feuer der Hoffnung werden mit einer Perspektive, die nicht Transfergesellschaft heißt“ Die Probleme von Kaufhof hätten auch nichts mit Corona zu tun. Bereits davor wäre Geld aus dem Unternehmen gezogen worden. Corona würde jetzt aber als Vorwand für die Insolvenz genutzt. Viele Kolleginnen und Kollegen wären verzweifelt. Bei der letzten Betriebsversammlung wären viele in Tränen ausgebrochen.

Cuno Hägele ging auch auf die Probleme des Lohndumpings und Personalabbaus im Einzelhandel ein und forderte eine Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge und wandte sich vehement gegen die Einführung von verkaufsoffenen Sonntagen.

Jessica Tatti, Bundestagsabgeordnete von DIE LINKE, sagte, es sei für die Eigentümer von Kaufhof wohl profitabler Grundstücke und Häuser zu vermarkten als Kaufhäuser zu betreiben. Sie ermutigte die Kundgebungsteilnehmer*innen mit der Gewerkschaft zusammen für den Erhalt des Kaufhofs zu kämpfen.

Der Bezirksvorsteher von Bad Cannstatt, Bernd-Marcel Löffler überraschte mit der Aussage, dass er eigentlich erwartet hätte, dass heute alle Standorte für den Erhalt bestreikt werden.

Leni Breymaier, SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Landesbezirksleiterin von ver.di Baden Württemberg sprach sich für eine Transfergesellschaft für die gekündigten Kolleginnen und Kollegen von „wenigstens einem Jahr“ aus und für vier bis fünf Millionen Euro vom Land zu deren Finanzierung.