Nein zur Pauschalen Erhöhung der Heizkosten bei der SWSG und anderen Vermietern
Viele Vermieter*innen – darunter die städtische SWSG mit ihren fast 20 000 Wohnungen – erhöhen die Heizkostenvorauszahlung aufgrund der steigenden Energiepreise gerade stark. Dabei orientieren die Vermieter sich oft nicht an den tatsächlichen Kosten, die im letzten Abrechnungszeitraum entstanden sind, sondern erhöhen die Vorauszahlung in weit höherem Maß. Dieses Vorgehen ist in den meisten Fällen nicht rechtens. Die jetzt von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungsmaßnahmen im Rahmen der Gaspreisbremse – die wir für unzureichend halten – sollen so schnell wie möglich den Mieter*innen zugutekommen und nicht Vermietern, die vorsorglich die Heizkostenvorauszahlungen drastisch erhöhen. DIE LINKE. Stuttgart fordert von der städtischen SWSG eine umgehende Rücknahme der pauschalen Erhöhung der Heizkostenvorauszahlung um 60 %. Erst recht müssen skandalöse Mahnungen und Drohungen gegenüber Mieter*innen sofort eingestellt werden, wenn diese sich – völlig zurecht – nicht bereit erklären, diese pauschale Erhöhung der Warmmiete mitzutragen.
Wie geht die SWSG vor?
Wo Heizkostenabrechnungen mit einem Negativsaldo zulasten der Mieter*innen abschließen, wird die Heizkostenvorauszahlung erhöht. Das ist soweit normal - im Normalfall berechnet sich die monatliche Vorauszahlung immer nach der Formel: Heizkosten des letzten Abrechnungszeitraums (2021) geteilt durch 12 Monate. Die SWSG und andere Vermieter gehen aber über diesen Ausgleich der Differenz zwischen den in 2021 entstandenen Kosten und der bisherigen Vorauszahlung weit hinaus. Mehr noch: in vielen Fällen war zu beobachten, dass auch Mieter*innen, deren Abrechnung gar keine Nachzahlung aufwies und sogar Mieter*innen, die erst vor wenigen Monaten den Mietvertrag abgeschlossen haben, zur Zahlung eines erhöhten Abschlags aufgefordert wurden.
In den Erläuterungen zur Abrechnung 2021 schreibt die SWSG an Mieterinnen und Mieter: „Aufgrund der aktuell und zukünftig stark steigenden Energiebezugspreise haben wir die Vorauszahlungen für die Heizkosten angepasst. Basierend auf Ihrem Abrechnungsergebnis 2021 wurde eine Preissteigerung des Energiebezugspreises in Höhe von 60% in der neuen Vorauszahlung berücksichtigt.“
Konkret bedeutet dies, dass die „Heizkosten“ für 2021 pauschal mit dem Faktor 1,6 multipliziert werden (+60%), durch 12 geteilt werden und den Mietern als neue monatliche Heizkostenvorauszahlung präsentiert werden. Dies führt in der Praxis zum Anstieg der monatlichen Vorauszahlung um oft 100 und mehr Euro. Geld, dass viele Menschen einfach nicht haben – kein wunder in unserem Land der Wuchermieten und Niedriglöhnen und -renten! Ein Mieter aus Wangen soll z. B. statt 80 Euro nun monatlich 170 Euro für Heizung bezahlen.
Mieterinnen und Mieter müssen das nicht akzeptieren
Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, dass der Posten „Heizkosten“ in der Systematik der SWSG sowohl die Kosten für den Energiebezug (also die eigentlichen Kosten für Erdgas, Fernewärme oder Pellets) enthält, als auch die Heiznebenkosten (Servicekosten Messdienstfirma, Betriebsstrom, Wartungskosten u.a.), sowie Kosten für die Gerätemiete für Ablesegeräte wie Kalt- und Warmwasserzähler, Heizkostenverteiler, Gruppenzähler. Außerdem enthalten die „Heizkosten“ meist auch die Kosten des Kaltwassers, also Frisch- und Abwasserkosten. Diese weiteren Kostenarten jenseits der Energiekosten machen z.T. erhebliche Anteile der gesamten Heizkosten aus. Zwei Besipiele: in der Wohnanlage Bochumerstr. 2 bis 10 der SWSG machen die reinen Energiekosten nur 33% der Gesamten Heizkosten aus (Erdgas). In der Anlage Rotenbergstr. 65 bis 75 machen die Energiekosten 45% aus (Fernwärme).
Die SWSG erhöht bei dieser Operation also nicht nur den Energiebezugspreis um 60%, sondern die gesamte Heizkostenvorauszahlung, in die auch Wasserkosten, Servicekosten, Wartungskosten, Gerätemiete etc. eingehen. Eine pauschale Erhöhung aller Kostenarten, auch solcher, die durch die Teuerung derzeit nicht tangiert sind, ist deshalb erst recht abzulehnen.
Selbst eine Erhöhung der Heizkostenvorauszahlung auf Basis erhöhter Energiebezugspreise sind rein rechtlich nur dann zulässig, wenn der Vermieter konkrete Zahlen z.B. aus neu abgeschlossenen Energieverträgen vorlegt, die die Steigerung der Kosten belegen.
Im Standardwerk zu Betriebs- und Heizkosten heißt es dazu:
„...Nach Ansicht des BGH ist der Ansatz eines „abstrakten“ Sicherheitszuschlag auf die zuletzt abgerechneten Betriebskosten nicht zulässig; es dürfen nur konkrete – bereits eingetretene – Umstände berücksichtigt werden, welche die im laufenden Jahr entstehenden Kosten voraussichtlich beeinflussen. Dies ist z. B. der Fall, wenn zwischen dem Ende der Abrechnungsperiode und der Erstellung der Abrechnung bereits eine Tariferhöhung, mit entsprechend höheren, vom Vermieter beglichenen Abschlagszahlungen eingetreten ist. Andererseits dürfen bloß erwartete, etwa in den Medien angekündigte Preisanstiege nicht in die Berechnung einfließen. Derart prognostizierte Kostenanstiege sind nicht verlässlich genug, um eine Zahlungspflicht des Mieters zu rechtfertigen.“ (Langenberg & Zehelein, 2022, S. 206)
Eine Erhöhung über die Kosten des letzten Abrechnungszeitraums hinaus sind also möglich, allerdings nur, wenn Kosten tatsächlich und nachweisbar gestiegen sind. Belege dafür können Mieter*innen einfordern, bevor sie die erhöhte Abschlagszahlung akzeptieren. Ob die SWSG und andere Vermieter solche Belege aber tatsächlich vorlegen können ist fraglich.
In den Stuttgarter Nachrichten hat SWSG-Geschäftsführer Samir Sidgi am 28.3.2022 folgende Aussage gemacht: „Wir haben sowohl für das Jahr 2021 als auch für 2022 Preisstabilität bei Gas, Fernwärme und Allgemeinstrom gesichert.“ Weiter berichten die Stuttgarter Nachrichten, die SWSG habe nach Aussagen des Geschäftsführers, langfristige Verträge für drei bis fünf Jahre geschlossen, die „in Teilen über das Jahr 2022 hinausgehen.“ Angesichts dieser Aussagen ist unklar, warum die Mieter unbedingt erhöhte Vorauszahlungen leisten sollen.
Gaspreisbremse für Mieter*innen nicht für Vermieter!
Zu guter Letzt hat die Bundesregierung Ende Oktober 2022 eine politische Lösung, für die steigenden Energiepreise beschlossen, die sogenannte „Gaspreisbremse“. Hierbei wird – wenn auch nicht in ausreichendem Maße – der Anstieg der Energiekosten bei Erdgas und vor allem bei Fernwärme abgedämpft. Im Interesse der Mieter*innen können wir sagen: Der Zweck der Gaspreisbremse soll darin bestehen, Mieter*innen schnell vor steigenden Energiekosten zu entlasten. Der Zweck ist nicht, Vermieter zu entlasten, die von den Mieter*innen eiligst erhöhte Vorauszahlungen angefordert haben und dann von der Deckelung der Kosten profitieren.
Schluss mit den Drohungen!
Völlig inakzeptabel ist es, wenn die SWSG in Mieter*innen, die sich mit der pauschalen Erhöhung nicht einverstanden erklärt, Mahnungen schickt und mit der Kündigung der Wohnung droht. Solche Fälle haben wir in einzelnen Fällen erlebt. Diese Praxis muss sofort abgestellt werden. Mieter*innen und Vermieter können sich in beidseitigem Einvernehmen auf eine Erhöhung der Abschlagzahlung einigen, um z.B. hohe Nachzahlungen zu vermeiden. Aber Drückermethoden, um Mieter*innen gegen ihren Willen zur Zahlung eines überhöhten Abschlages zu nötigen gehen gar nicht! Das zeigt einmal mehr, mit wie fragwürdigen Methoden die städtische Wohnbaugesellschaft arbeitet. DIE LINKE steht an der Seite der Mieter*innen, denen steigende Nebenkosten finanzielle Probleme machen.
Wehreren Sie sich gegen unbegründet hohe Heizkostenvorauszahlungen!
Sie können sich jederzeit gerne an uns wenden, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob ihre Heiz- und Betriebskostenabrechnung korrekt ist. Wenn Sie feststellen, dass ihr Vermieter die monatlichen Zahlungen für die Heizkosten zu stark erhöhen will, sollten sie ihm schriftlich mitteilen, dass sie damit nicht einverstanden sind. Zur Orientierung finden Sie hier einen Musterbrief.
Mieter*innen, die Fragen rund ums Thema Wohnen und Nebenkosten haben, können sich jederzeit an DIE LINKE. Stuttgart wenden.
Mail: info@die-linke-stuttgart.de Tel.: 0174-5681049 | 0179-2634017